Projektdörfer


I. Projektdorf Bambéla

Bambéla, ein Dorf im Sahel

Etwa 25 km nordwestlich der Stadt Kayes liegt das Dorf Bambéla. Das zugehörige kommunale Verwaltungszentrum in dem Dorf Bangassi ist nur wenig näher. Auf der Generalkarte von Mali ist dieses 2000 Einwohner-Dorf mit einer Straßenverbindung zur Stadt Kayes verzeichnet.

Buschgelände mit Baobab und Dornakazien
Buschgelände mit Baobab und Dornakazien

Die „Straße“ stellte sich jedoch als unwegsame, verschlungene Piste heraus, die in der Regenzeit oft weder begehbar noch befahrbar ist. Buschgelände mit Dornakazien und Baobabs (Affenbrotbäumen) macht die Fahrt dorthin zwar sehr abwechslungsreich aber dafür unübersichtlich.

Das Dorf Bambéla liegt oberhalb eines nur in der Regenzeit wasserführenden Flusstals in einer Umgebung, deren Baumbewuchs unter großflächigem Hirseanbau und Feuerholzbedarf gelitten hat.

Das Dorfbild wird bestimmt durch flache, stroh- oder wellblechgedeckte Lehmhütten umgeben von Lehmmauern oder Reisigzäunen und überragt von Neambäumen.

Touristen werden sich wohl nur selten nach Bambéla verirren; das Dorf hat für sie nichts zu bieten. Es gibt weder ein Hotel noch ein Restaurant, keinen Wasseranschluss noch Elektrizitätsversorgung. Lediglich zwei oder drei kleine, versteckte Lädchen bieten das Notwendigste. Positiv fällt auf, dass der in den Städten allgegenwärtige Müll nahezu fehlt.

Bevölkerung und Sozialstrukturen

Die Mehrheit der Bevölkerung sind Bauern und gehören zu den Volksstämmen Soninke und Kassonke. Im Dorf wohnen ca. 2.500 Einwohner, die sich auf ca. 100 Familien verteilen. In der Umgebung von Bambéla liegen mehrere kleine Dörfer. Außerdem lagern dort in der Trockenzeit Nomaden der Volksstämme Peulh und Mauren.

Jede Familien-Wohneinheit besteht aus einem baumbestandenen Innenhof, um den herum sich die Behausungen von Menschen und die Ställe der Haustiere wie Ziegen, Esel und Hühner gruppieren.

Ernteausfälle aufgrund von Trockenheit und Schädlingsbefall sind leider nicht selten. Viele Dorfbewohner haben Arbeit im Ausland gefunden und überweisen ihren Familien einen Teil ihrer Einkünfte.

Die straffen, traditionellen Strukturen des Dorfes sind von unschätzbarem Wert. Der Gemeinschaft aus Großfamilien steht ein Dorfchef mit seinen Beratern vor. In Bürgerversammlungen werden Aufgaben und Probleme besprochen. Demokratisch gewählte Komitees sorgen dann für die Umsetzung der gemeinsamen Interessen. Das Zusammenleben verschiedener Volksstämme ist in uralten mündlichen Verträgen festgelegt. Korruption, Diebstahl und andere Delikte werden streng geahndet. Diese auch heute noch anerkannte und respektierte Verwaltungsstruktur ist landesweit.

Der Treffpunkt Dorfplatz dient dem Austausch von Informationen.

Die staatliche Einheit des Landes Mali besteht schon seit vielen Jahrhunderten. Das Zusammenleben der zahlreichen Ethnien ist durch mündliche Verträge festgelegt. So gehört das Land in der Vegetationsperiode bis zum Abschluss der Erntearbeiten der Dorfgemeinschaft der Bauern. In der Trockenzeit geht das Land in den Besitz der Nomaden über, die dann die brach liegenden Felder als Weidegründe für ihre Ziegen- und Rinderherden nutzen.


1. Projekt zur Dorfentwicklung in Bambéla: Grundschule
(siehe auch: Grundschulen unter Dorfprojekte)

Bau einer dreiklassigen Grundschule · Die Notwendigkeit einer Schulausbildung zur Wahrnehmung eigener Interessen und zur Sicherung des Überlebens in schwieriger Lage wurde auch von den Dorfverantwortlichen Bambélas erkannt.

Die seit der Dezentralisierung für Ausbildung zuständige Kommune Bangassy versagte ihre Hilfe.

Bambéla tat sich deshalb im Jahre 2002 mit den umliegenden Dörfern zum Bau einer provisorischen Schule zusammen. Nachdem in Eigenleistung ein erster kleiner Schulraum in der üblichen Lehmbauweise errichtet und ein Lehrer eingestellt worden war, konnte eine begrenzte Anzahl von Kindern unterrichtet werden. Im Jahre 2003 wurde die Schule durch einen zweiten Raum erweitert und ein zweiter Lehrer eingestellt. Für das notwendige Mobiliar fehlte dann allerdings das Geld. Während der erste Lehrer durch die Erhebung von Schulgeld bezahlt werden konnte, blieb die versprochene Bezahlung des zweiten Lehrers durch die Kommune aus.

Innenansicht der provisorischen Schule
Innenansicht der provisorischen Schule

Projektdurchführung · In Huckepack-Trägerschaft des Fördervereins für Schulpartnerschaften in Entwicklungsländern e.V., Bad Zwischenahn konnte mit unseren Spenden (25%) und mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit BMZ (75%) eine dreiklassige Grundschule in staatlich vorgegebener Bauweise finanziert werden. Die Kosten betrugen 32.000 Euro.Die Bauausführung übernahm die malische Nichtregierungsorganisation SOLISA in Zusammenarbeit mit der Dorfbevölkerung im Jahre 2004.

Die Schule konnte Anfang April 2004 nach zweimonatiger Bautätigkeit fertiggestellt werden.

Die feierliche Übergabe erfolgte am 7. April 2004 in Anwesenheit einer vierköpfigen Delegation aus Nordenham.

Bericht über die Besichtigung der Schule in Bambéla von Peter Dirichs · „Wir sind sesshafte Bauern ohne Schulbildung, aber wir möchten, dass unsere Kinder ausgebildet werden.“ Das war die Nachricht des Dorfchefs von Bambéla, die uns über die NRO SOLISA (Solidarität mit dem Sahel) im August letzten Jahres zugestellt wurde.

Am Montag, dem 5. April ist es nun endlich soweit, dass unsere Nordenhamer Gruppe mit den teilnehmenden Herren: Helmut Dirichs, Dr. Gernot Schenker, Manfred Voigt und dem Verfasser, zusammen mit drei Leuten von SOLISA sich frühmorgens im Geländewagen von Kayes her auf den Weg macht, um die Schule zu besichtigen.

Zunächst muss noch eine Reifenpanne behoben werden und ein Hammer gekauft werden, um Bilder von Nordenham und Aktionen verschiedener Schulen für die Schule in Bambéla an die kahlen Wände der neuen Schule nageln zu können. Vorausschauend haben wir Stahlnägel im Reisegepäck.

Unsere Fahrt durch den Busch ist abenteuerlich. Die staubige, bucklige Piste mit ihren Verästelungen, Parallelführungen und Abzweigen windet sich ohne Hinweise auf Ziele vorbei an Dornengestrüpp, Bäumen, Palmen und Felsbrocken. Der bewundernswerte Orientierungssinn unseres Fahrers führt uns trotzdem in die Irre. Es ist schon 11.00 Uhr als wir nach Durchquerung eines ausgetrockneten Flussbettes das Dorf Bambéla vor uns sehen.

Eine Abordnung festlich gekleideter Dorfbewohner, darunter viele Kinder, hat schon vier Stunden hier auf uns gewartet. Während Reiter und Tänzerinnen uns ihre Kunst zeigen, finden sich noch viele durch Trommeln angelockte Dorfbewohner ein. Es ist ein stattlicher Zug, der sich dann mit uns in Richtung des Dorfes in Bewegung setzt. Die Freude und Begeisterung der Menschen ist ansteckend und macht diesen Empfang zu einem überwältigenden Erlebnis. Beim Zug durch das Dorf können wir gar nicht alle Hände schütteln, die sich uns entgegenstrecken.

Und dann liegt sie vor uns - die neue Schule, in frischem Anstrich - wie eine Fata Morgana.

Mit den Dorfältesten und Gästen im Schatten eines Zeltdaches sitzend, verfolgen wir die Vorführungen von Reit- und Tanzvorführungen bevor sie auf Grund hoher Staubentwicklung vorzeitig beendet werden. Es folgen Begrüßungsreden von Dorfältesten, Verantwortlichen und Gästen in afrikanischer Ausführlichkeit und Ruhe. Alle Beiträge müssen entweder in die ortsübliche Sprache Soninke oder in die uns verständliche, englische Sprache übersetzt werden.


Die Besichtigung der neuen Schule schließt sich an. Mängel bei der Ausführung und Ausstattung sind nicht erkennbar. Beim Annageln eines unserer Bilder stelle ich fest, dass auch mit dem teuren Werkstoff Zement nicht gespart worden ist.

Das bereits gebildete Verwaltungskomitee (CGS) der Schule zusammen mit den beiden Lehrern und dem für drei Jahre verpflichteten Berater von SOLISA übernehmen die Verwaltung der Schule und ihres Inventars. Die Arbeit beginnt schon jetzt mit dem Anbringen der Bilder und der Katalogisierung der etwa 35kg von uns übergebenen Schulmaterialien. Selbst die Buntstiftstummel werden gezählt und in eine Liste eingetragen. Im Stahlschrank des Direktorzimmers werden sie sicher aufbewahrt. Unser Hammer gehört jetzt auch zum Schulinventar.

Schüler und Lehrer mit dem Grußplakat der Grundschule Rodenkirchen
Schüler und Lehrer mit dem Grußplakat der Grundschule Rodenkirchen

Zum weiteren Tagesverlauf gehört ein reichhaltiges Essen, die Mittagsruhe auf Matratzen und der Tee. Sobald die Hitze im Laufe des Nachmittags nachlässt - es ist immerhin mehr als 40°C heiß - sehen wir uns das Dorf und seine Umgebung an. Die Verabschiedung von den Dorfältesten und ihren Familien in ihren Wohnbereichen gestaltet sich zeitaufwendig, so dass wir erst im Vollmondschein nach Kayes zurückfahren.

Das große Fest zur Einweihung der Schule mit wichtigen Behördenvertretern, dem Bürgermeister und dem Fernsehen findet zwei Tage später statt.

Zur Zeit gibt es in Bambéla nur ein erstes und ein zweites Schuljahr. Ab Oktober folgt dann eine dritte Klasse und auch ein dritter Lehrer, was SOLISA von der Schulbehörde in Kayes (Centre d’Animation Pédagogique) fest zugesichert wurde. Die Anregung für den Schulbau in Bambéla erhielt SOLISA von dort.

2. Projekt zur Dorfentwicklung in Bambéla: Gesundheitszentrum
(siehe auch: Gesundheitszentren unter Dorfprojekte)

Bau des Gesundheitszentrums (CSCom) · Schon bei unserem ersten Besuch zur Eröffnung der Grundschule im Jahre 2003 wurde uns der dringende Wunsch der Dorfbewohner und Nomaden für den Bau eines Gesundheitszentrums geäußert. Nach dreimonatiger Bautätigkeit von den SOLISA Fachleuten in Zusammenarbeit mit der Einwohnerschaft konnte das Zentrum im April 2006 fertiggestellt werden.

Dieses war unser erstes Projekt, das wir ohne Huckepackträger durchführen konnten.

Inbetriebnahme des Zentrums · Am 8. April 2006 wurde das Gesundheitszentrum im Beisein unserer Mitglieder Manfred Voigt und Peter Dirichs unter großer Beteiligung der Dorfbewohner und Nomaden, ihrer Bestimmung übergeben. Auch Delegationen aus umliegenden Ortschaften und Behördenvertreter aus Kayes nahmen teil.

Trotz Temperaturen von mehr als 40°C wurde mit Tanz und sonstigen Vorführungen ausgiebig gefeiert. Auffällig war die große Beteiligung der Nomaden.

Noch am selben Abend fand eine Sitzung des CSCom-Verwaltungskomitees statt.

An den folgenden Tagen wurde das Zentrum so stark in Anspruch genommen, dass die auch als Krankenpflegerin ausgebildete Hebamme nahezu 20 Stunden pro Tag eingespannt war.


3. Projekt zur Dorfentwicklung in Bambéla: Getreidebank
(siehe auch: Getreidebanken unter Dorfprojekte)

Das Gebäude der Getreidebank in Bambéla
Das Gebäude der Getreidebank in Bambéla

Entstehung · Eine Heuschreckenplage im Herst des Jahres 2004 vernichtete die Getreideernte in weiten Teilen Westafrikas. Auch die Dörfer Bambéla und Darsalam waren betroffen. Zur Hilfe „unserer“ Dörfer wurde eine Hilfsaktion in Nordenham eingeleitet. Von der Spendensumme wurden pro Dorf je 15t Hirse und Mais gekauft. Für die Einlagerung dieser Menge in den Dörfern musste ein neuer, ausreichend großer termiten- und diebstahlsicherer Lagerplatz geschaffen werden.

Das dadurch in Bambéla entstandene Gebäude in Zementmauerwerk wurde späterhin als Getreidebank weiter genutzt.

Weitere geplante Kleinprojekte zur Dorfentwicklung in Bambéla

In Verbindung mit dem Kostenanschlag der Schule in Kersingnané sollen im Jahre 2008 noch folgende Kleinprojekte in Bambéla durchgeführt werden:

Besuch in Bambéla vom 14. bis zum 15. Februar 2008

Das Kennenlernen eines 24-stündigen Dorftalltags war ein Programmpunkt der Reise unserer vierköpfigen Delegation aus Nordenham im Februar 2008.

Nach der Feier der Inbetriebnahme eines Gesundheitszentrums in dem Dorf Samé-Plantation schlingern wir am späten Nachmittag über die sattsam bekannte, verschlungene Piste zum „nur“ 28 km entfernten Bambéla, das wir erst zwei Stunden später in der Dunkelheit erreichen. Das schon im Geländewagen vernehmbare Trommeln kündet uns die Nähe des Dorfes. Viele Bewohner haben wahrscheinlich seit Stunden vor dem Dorf auf uns gewartet und geleiten uns im Triumphzug zur Wohnung des Dorfältesten.

Es ist schon alles bestens für unseren Besuch vorbereitet. Zwei Hammel haben für uns ihr Leben lassen müssen, und da der nächste Tag zum Festtag für das ganze Dorf erklärt worden ist, soll auch noch ein Rind geschlachtet werden. Unser Quartier wird uns in der wohl besten Familien-Wohnanlage des Dorfes zugewiesen. Das Abendmenü hat nichts mit dem alltäglichen Brei aus gestampfter Hirse zu tun. Unsere Schlafplätze auf der Veranda eines Großbungalows sind selbstverständlich mit Matratzen und Moskitonetzen ausgestattet, obwohl sich kein Insekt blicken lässt.

Früh geweckt durch die morgendliche Kühle, Vogelgezwitscher, Hahnkrähen, Eselgeschrei und Ziegengemecker ist der Spaziergang durch das Dorf und seine nähere Umgebung eine Wohltat. An zwei Pumpen, die Wasser aus großer Tiefe fördern, füllen junge Burschen Kanister, die dann auf Eselkarren ins Dorf transportiert und verteilt werden. Auf offenen Feuerstellen vor einigen Hütten kocht der morgendliche Hirsebrei.

Nach unserem Frühstück beginnt das Festprogramm mit dem Aufmarsch der etwa 200 Grundschüler zu unseren Ehren mit Gesang unter Leitung der drei Lehrer. Es folgt die Besichtigung der von Nordenhamer Spendengeldern und dem BMZ finanzierten Projekte, der Getreidebank, des Gesundheitszentrums und der Grundschule. Alle Schüler sind zwar für uns auf ihren Plätzen, aber der Unterricht fällt heute aus. Anschließend beginnt die große Feier mit Trommelwirbel, Tanz und Lobpreisungen durch den Griot.

Unabhängig vom Festprogramm wird am späten Vormittag ein staatliches Tetanus-Impfprogramm für junge Frauen des Dorfes und seiner Umgebung durchgeführt. Hierfür ist das vorhandene Gesundheitszentrums mit intaktem Kühlschrank Voraussetzung.

Unangemeldet besuchen wir eine nahegelegene kleine Nomadensiedlung. Da die Männer mit den Herden unterwegs sind, treffen wir nur Frauen und Kinder an. Die Aufnahme ist sehr herzlich. Die Frauen trommeln auf ihren Blechschüsseln und die Kinder tanzen dazu.

Tief beeindruckt fahren wir zurück nach Kayes. Zwar wollten wir das Alltagsleben der Menschen kennen lernen, aber die Gastfreundschaft ließ das nicht zu. Dass wegen der großen Trockenheit im letzten Jahr nur ca. 25% der Hirseernte eingebracht werden konnte und eine Hungersnot zu erwarten ist, erfahren wir nur von unserem malischen Partner, Herrn Niakaté.